Kirchhof P. (2018) Rechtssprache zwischen Ideal und Wirklichkeit. In: Felder E. & Gardt A. (eds.) Wirklichkeit oder Konstruktion? Sprachtheoretische und interdisziplinäre Aspekte einer brisanten Alternative. De Gruyter, Berlin: 126–145. https://cepa.info/6783
Kirchhof P.
(
2018)
Rechtssprache zwischen Ideal und Wirklichkeit. [Legal language between ideal and reality]
In: Felder E. & Gardt A. (eds.) Wirklichkeit oder Konstruktion? Sprachtheoretische und interdisziplinäre Aspekte einer brisanten Alternative. De Gruyter, Berlin: 126–145.
Fulltext at https://cepa.info/6783
Excerpt: Dieses Denken in Begriffen, das Ordnen der Welt in Kategorien und Systemen gilt selbstverständlich auch für das Recht. Dabei hat die Rechtssprache aber drei Besonderheiten: Das Recht spricht verbindlich, will den Angesprochenen also nicht nur informieren und inspirieren, sondern erwartet Befolgung des Angeordneten. Sodann sucht die Rechtssprache nicht heilsame Unsicherheit zu verbreiten, die den Menschen aus seiner vermeintlichen Gewissheit herausreißt, sondern vermittelt Sicherheit, Verlässlichkeit, Vertrauen in eine vertraute und stetige Rechtsordnung. Schließlich ist die Rechtsfindung in das wohl ausgeprägteste Diskurssystem unserer Lebenswirklichkeit gebunden. Recht ereignet sich in Sprache. Das Gesetz wird im Parlament nach öffentlicher Debatte beschlossen. Der Abgeordnete gibt seine Stimme ab. Der Bundesrat erhebt Einspruch oder Wiederspruch. Der Wortlaut des Gesetzes wird verkündet. Der Betroffene erhebt Klage. Die Rechtsprechung entscheidet über Anspruch oder Freispruch, vervollständigt das nicht hinreichende Gesetz in entsprechender Anwendung. Doch diese Rechtsgespräche enden immer mit einer Entscheidung über das Gesetz oder über das Urteil. Recht will die Wirklichkeit gestalten.

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